Der lange Weg zur Gleichberechtigung
Vortrag beim KDFB Luhe
Luhe. (rgl) Der Katholische Frauenbund Luhe feiert im Jahr 2019 sein 100jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass fand ein hochinteressanter Vortrag über „100 Jahre Geschichte der Frauen“ im Pfarrheim statt, der auf große Resonanz stieß.
Rita Gleißner begrüßte im Namen des Vorstandsteams über 50 Frauen und Geistlichen Beirat Pfarrer Arnold Pirner. Sie freute sich, dass auch Frauen von den Zweigvereinen Oberwildenau, Rothenstadt und Weiden St. Johannes nach Luhe gekommen waren. Ihr besonderer Gruß galt der stellvertreten-den Bezirksvorsitzenden Marta Urban und der Referentin, Historikerin Irmgard Herzog-Deutscher aus Schierling. Gleißner erinnerte an die Einführung des Frauenwahlrechts im Jahr 1919, in dem auch der KDFB-Zweigverein Luhe gegründet wurde. Dass beim Thema „Gleichberechtigung“ trotz großer Fortschritte noch längst nicht alles „in Butter“ ist, so Gleißner, beweise jedoch die Notwendigkeit eines „Equal-Pay-Days“. Außerdem sei die Zahl der Frauen in der Politik sogar rückläufig und die meisten Führungspositionen in der Wirtschaft seien nach wie vor von Männern besetzt. Auch in der Kirche gebe es immer noch kaum Frauen in führenden Positionen. Es gebe also noch viel zu tun.
Irmgard Herzog-Deutscher berichtete in ihrem fesselnden Vortrag über die Frauenbewegung des
19. Jahrhunderts und den gesellschaftlichen Umbruch nach dem Ersten Weltkrieg, der schließlich dazu führte, dass das lange erkämpfte Wahlrecht für Frauen 1919 in Deutschland eingeführt wurde.
Das 20. Jahrhundert habe das Leben der Frauen in allen Bereichen so nachhaltig und schnell verändert wie kaum eine andere Epoche.
Mit der Französischen Revolution und deren Forderung nach „Freiheit, Gleichheit und Brüderlich-keit“ wurden auch die Rechte der Frauen zum Thema. Doch auf die Ideen der Aufklärer und Revo-lutionäre folgte in der Biedermeier-Epoche ein Rollenkonzept, das der Frau die Bereiche „Kinder, Küche, Kirche“ zuwies, während die Männer das öffentliche Leben dominierten. Die fortschreitende Industrialisierung und damit verbundene wirtschaftliche Notwendigkeiten stellten dieses Rollen-modell jedoch mehr und mehr in Frage. Das aufblühende Vereinsleben in den Jahren zwischen 1830 und 1840 ermöglichte ein immer stärkeres gesellschaftliches Engagement der Frauen. Obwohl die politische Betätigung von Frauen verboten wurde, entstanden zahlreiche Frauenvereine, die neben sozialen Zielen und dem Recht auf Bildung vermehrt auch den Anspruch auf politische Teilhabe und rechtliche Gleichstellung verfolgten. Erst ab 1908 konnten Frauen Mitglied in politischen Parteien werden.
Nach der Revolution im November 1918 und der Ausrufung der Republik kam schließlich das demo-kratische Wahlrecht. Bei der ersten Wahl zur Deutschen Nationalversammlung am 19.01.1919 hatten Frauen erstmals das aktive und passive Wahlrecht. Der Frauenanteil der Abgeordneten lag damals bei 9,7 % - ein Wert, den der Deutsche Bundestag erst 1983 wieder erreichen sollte.
Die Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 bedeutete für die erste Frauenbewegung in Deutschland das Ende. Die NS-Ideologie verwies die Frauen auf die sogenannten „weiblichen Gebie-te“; das passive Wahlrecht wurde ihnen abgesprochen.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs musste sich die Frauenbewegung wieder neu erfinden und geriet in den Sog des Ost-West-Konflikts; ostdeutsche und westdeutsche Frauen gingen von nun an ge-trennte Wege.
Ein Meilenstein für die Frauen, so die Referentin, sei die Leistung der „vier Mütter des Grundgesetzes“, allen voran Elisabeth Selbert, gewesen, denen es gelungen war, die volle Gleichbe-rechtigung der Frauen auf allen Gebieten verfassungsrechtlich festzuschreiben. Irmgard Herzog-Deutscher stellte die wichtigsten Persönlichkeiten der Frauenbewegung exemplarisch vor, die mutig und couragiert für die Rechte der Frauen gekämpft hatten.
Es sollte allerdings noch bis in die 1970er Jahre dauern, bis die gesetzliche Gleichberechtigung auch in die Tat umgesetzt werden konnte. So benötigten Frauen noch bis 1977 die Unterschrift des Ehemannes, wenn sie einen Arbeitsvertrag abschließen wollten.
Zum Abschluss zitierte die Referentin Rita Süßmuth, die ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages. Sie hatte in der Feierstunde „100 Jahre Frauenwahlrecht“ festgestellt: „Wir sind zwar in der Gegenwart angekommen, aber noch nicht in einer zufriedenstellenden Gegenwart.“